Sous vide: Rinderfilet in Senfsauce.

Rinderfilet in SenfsauceMit dem Filet vom Rind ist es meist so eine Sache. Ich zum Beispiel mag es gar nicht so gerne, weil es mir eigentlich ein wenig zu fein und zu mager ist und durchaus ein gewisses Feingefühl am Herd erfordert, denn es trocknet unglaublich schnell aus und wird von zu viel Würze leicht erschlagen. Mit einem Entrecôte kann ich mich daher normalerweise deutlich besser anfreunden, denn das kommt einfach auf den Grill oder in die Pfanne und von dort ohne großen Schnickschnack und ohne  Umwege auf den Teller, wo es in der Regel der einfachsten aller Beilagen begegnet und sich mit ihr in den meisten Fällen wunderbar verträgt. Auf der anderen Seite kann man natürlich mit Rinderfilet eine ganze Menge mehr anstellen. Wenn man ein paar Gäste hat und es am Stück machen möchte, wäre der Klassiker natürlich das Filet Wellington. Und wenn man alleine isst (oh ja, auch für sich selbst und ganz besonders für sich selbst lohnt es sich zu kochen), nur einen Gast hat, oder vielleicht solchen Gästen ein Abendessen bieten möchte, die den Aufwand zu würdigen wissen, dann wären natürlich Tournedos Rossini mein eindeutiger Favorit. Aber da, was gelegentlich vorkommen soll, weder Gänseleber en bloc vorhanden war, noch fein zu hobelnde Trüffeln zwischen meinen Vorräten zu finden waren, mir dafür aber ein Glas Dijonsenf in die Hände fiel, und ich außerdem schon lange mal mit sous vide und Rindfleisch experimentieren wollte, gab es stattdessen: Rinderfilet in Senfsauce. Oder, wenn man darauf Wert legt: Tournedos à la moutarde.

Filet ist aber nun natürlich nicht gleich Filet – das war spätestens dann herauszufinden, als mein erster Versuch, diese Idee in die Tat umzusetzen, komplett danebenging. Oder naja: Man konnte es essen. Ich hatte noch ein paar Scheiben Rinderfilet übrig, die ich vor einiger Weile einmal sehr günstig (Fehler No.1) geschossen und dann eingefroren (Fehler No. 2) hatte. Die stammten irgendwo von sehr weit her (möglicher Fehler No. 3), waren von ziemlich kräftigem, würzigem Geschmack (Fehler No. 4) und noch dazu so klein (Fehler No. 5), dass sie unweigerlich ziemlich schnell trocken werden mussten. Es musste also einen zweiten Anlauf geben, für den ich mich für eine recht dicke Scheibe Filet vom Charolais-Rind entschied. Charolais deswegen, weil es ziemlich gut aussah (die Sichtprüfung ist bei der Fleischbeschau ja unerlässlich), und vor allem auch, weil es von allen Rindersorten, die ich kenne, mit Abstand den feinsten, zartesten Geschmack hat – in Zeiten, in denen das Ideal Wagyu heißt und eigentlich gar nicht dunkel und marmoriert genug sein sein kann, ist das hellrote, feine, glatte Charolais wirklich ein interessanter Kontrast. Und: Wenn man Gäste hat, die eigentlich nicht so für Rindfleisch zu haben sind, weil es ihnen zu streng ist, kann man mit Charolais ziemlichen Erfolg haben. Wer regelmäßig für Damen kocht, die nicht so sehr ans Fleisch gewöhnt sind, sollte sich das merken. Dazu kommt: Eben weil das Charolais so herrlich fein ist, verträgt es sich auch wunderbar mit Gewürzen und Saucen, solange man es nicht übertreibt. Entsprechend musste meine Senfsauce also auch eher fein und zart sein und grundsätzlich eher nur einen Hauch von Senf erahnen lassen, um das Fleisch nicht in den Hintergrund zu drängen. Und auch das hat beim zweiten Anlauf ziemlich gut geklappt.

Rinderfilet Charolais

Hell, fein und glatt: Filet vom Charolais-Rind. Hier schon mit Küchengarn bridiert.

Dass ich mich hier außerdem wieder für die Zubereitung sous vide entschieden habe, die ich beim Rindfleisch außer bei großen Bratenstücken (und bei bavette aloyau – aber das ist eine ganz andere Geschichte) eigentlich gar nicht schätze (denn Rindfleisch muss man bei größter Hitze braten oder grillen – alles andere taugt nicht), hat einen einfachen Grund: Die Senfsauce braucht einerseits ein paar fleischige Röstnoten als Basis, andererseits aber auch mindestens eine halbe Stunde Zeit, um gut zu werden. Was sollte man aber in der Zwischenzeit mit dem Fleisch machen? Also ab ins Wasserbad damit. Gerade beim mageren, feinen Charolais funktioniert das tadellos.

Was man braucht (für 1 Portion):

  • 1 dicke Scheibe Rinderfilet. Ich hatte etwa 200 g, was schon recht viel ist, aber eine gewisse Dicke braucht es einfach.
  • Butter
  • 1 Schalotte, gehackt
  • 50 ml Cognac
  • 75-100 ml Sahne
  • 1-2 EL Senf. Dijonsenf ist eigentlich meine grundsätzliche Basis für Senfsaucen, denn Moutarde de Meaux ist mir dafür zu schade, und bei den deutschen Senfsorten passt mir meist der Säureanteil nicht – zu viel oder zu wenig.
  • Gehackter Estragon
  • ggf. ein wenig Fleischbrühe

Das Rezept:
Sous-vide-Maschine vorbereiten und auf knapp unter 60 °C einstellen oder hinreichenden Ersatz entsprechend vorbereiten. Filetscheibe mit Küchengarn bridieren, damit sie ihre Form behält. Butter in einer (geeigneten – siehe unten) Pfanne erhitzen, bis sie braune Blasen wirft, und das Fleisch von jeder Seite eine (1) Minute bei stärkster Hitze sehr scharf anbraten. Sofort herausnehmen, nicht würzen (!), einschweißen und ab ins Wasserbad. Dort 30 Minuten belassen. Im Bratfond die Schalotten goldbraun anbraten, mit dem Cognac ablöschen, reduzieren, Sahne zugießen und sehr leicht köcheln. Falls die Sauce zu dick wird, ein wenig Fleischbrühe zugießen. Kurz vor Ende der Garzeit Senf und Estragon einrühren und ggf. ein wenig mit Salz und Pfeffer würzen. In den meisten Fällen reicht der Senf aber aus, um die Sauce ausreichend zu würzen. Fleisch aus dem Wasserbad nehmen, mit der Sauce begießen und servieren.

Rinderfilet sous vide

So sollte das dann in etwa aussehen, wenn es mit sous vide geklappt hat. Senfsauce ist ja leider nicht so wirklich fotogen.

Ausrüstung:
Das Rezept funktioniert nicht, wenn man nicht die richtige Pfanne hat. Ich habe sie nicht, und daher musste ich improvisieren. Normalerweise verwende ich zum Braten von Fleisch unbeschichtete Pfannen aus gewalztem Stahl. Die sind für diesen Zweck hervorragend geeignet, haben aber einen entscheidenden Nachteil: Man kann darin keine Saucen machen, ja noch nicht einmal das Bratgut ablöschen, denn sonst lösen sich die Bratrückstände der letzten Jahre aus dem eher offenporigen Stahl. Aus diesem Grund sollte man hier auch von Schmiedeeisen und rohem Gusseisen die Finger lassen. Blanker Edelstahl wiederum geht mit dem Fleisch bei hohen Temperaturen meist eine dauerhafte Verbindung ein und bringt hier also auch nichts, da das Filet beim Wenden sonst zu Spezzatino wird. Und beschichtete Pfannen? Naja, darüber sollte man eigentlich gar nicht sprechen. Meine Erfahrung ist, dass sich solche Wunder verheißenden Beschichtungen, ganz egal, wie toll, neu und teuer sie auch sein mögen, meist schon nach kurzer Zeit buchstäblich in Rauch auflösen, wenn man Rindfleisch mit der Temperatur anbrät, mit der man es anbraten sollte. Was bleibt also übrig? Doch Gusseisen. Emailliertes Gusseisen. Das wird heiß genug, um dem Fleisch auch in nur einer Minute eine ordentliche Röstschicht zu verpassen, nimmt gleichzeitig aber keine Rückstände auf, die man später wieder herauslösen könnte. Es ist daher das perfekte Material für alle Rezepte mit Sauce. Und ich würde sogar sagen, es ist das einzige Material für Rezepte wie dieses. Und da ich keine entsprechende Pfanne besitze, musste es hier mein großer französischer Schmortopf tun.Staub Schmortopf

Was es dazu gab:
Da sich hier abermals eine gewisse Beilagenlücke auftat, und sich die Senfsauce mit den meisten Beilagen auch nicht so wirklich verträgt, empfiehlt es sich, auf etwas eher neutrales zurückzugreifen. Hier waren es junge Kartoffeln, zusammen mit einer halben Knoblauchzehe in Butter und Olivenöl abgedeckt eine halbe Stunde lang bei geringer Hitze angebraten und zum Schluß mit Petersilie bestreut. Ganz simple Sache. Aber Achtung: Man sollte sehr darauf achten, dass die Kartoffeln auch für sowas geeignet sind. Andernfalls zerfallen sie nämlich und sind dann auch nicht wirklich fotogen. Wobei letzteres nur ein Kriterium sein sollte, wenn man einen Blog betreibt.

Der Wein dazu:
Spätburgunder Meyer NäkelSenf, zumal Dijonsenf, lässt eigentlich keine große Wahl: Burgund sollte es sein, und Spätburgunder wurde es. Wobei ich sagen muss, dass gerade zum besonders feinen Charolais auch ein anständiger Beaujolais Cru sehr ordentlich gewesen wäre, und ich einen solchen auch im Keller gehabt hätte. Seriöser Burgunder wiederum war dort nicht zu finden. Oder wäre es schon gewesen, aber der wäre für dieses im Grunde doch recht simple Essen ein wenig zu seriös gewesen. Als perfekte, wenngleich noch ein wenig jugendliche Alternative erwies sich eine Flasche (natürlich keine ganze!) 2014er Spätburgunder von Meyer-Näkel in Dernau an der Ahr, wo man so ziemlich den feinsten deutschen Spätburgunder macht. Und das will durchaus etwas heißen. Freilich: der 14er war jung, und ich hätte auch gerne einen 12er gehabt, aber da ich weder 12er noch 14er im Keller hatte und daher den Weinhändler aufsuchen musste, wo der 14er nun mal der aktuelle Jahrgang ist, gab es keine andere Wahl. Dass der Wein aber heutzutage in der Regel deutlich vor der Reife in den Handel kommt, ist wieder eine ganz andere Geschichte, die irgendwann an dieser Stelle auch noch zu erzählen sein wird. Bis dahin kann man ja noch ein paar Charolais-Filets essen.