Schweinefleisch? Ibérico!

Iberico KotelettSchweinefleisch genießt ja allgemein nicht den allerbesten Ruf. Und man muss wohl leider sagen: In der Regel nicht zu Unrecht. Tierhaltung unter unerfreulichsten Umständen, um allerniedrigste Preise zu erzielen, und entweder unglaublich fettes Fleisch, das kein normaler Mensch verträgt und das Menschen mit Ernährungsplan für Teufelszeug ansehen, oder aber derart ausgetrocknet mageres Fleisch, dass man eigentlich auch Salzstangen essen könnte. Mehr oder weniger geschmacksfrei, wenn man Glück hat, und mit einem deutlichen, oft recht unangenehmen Hauch Kálmán Zsupán im Normalfall. Und ungesund, ja, ungesünder (auch ein schöner Komparativ…) als alle anderen Sorten Fleisch. Der Inbegriff der billigen, gewissenlosen Tierquälerei und des menschlichen Mastziels der koronaren Herzkrankheit. Oder etwa nicht? Tatsächlich gibt es ja auch durchaus anständiges Schweinefleisch und durchaus sehr anständige Produzenten. Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall zum Beispiel dürfte die bekannteste hierzulande sein, und wenn man unbedingt auf Bio bestehen möchte, landet man gar nicht selten beim Packlhof im bayerischen Oberland. An der Spitze aber, da steht ein anderes Schwein: Ibérico.

TrüffelkartoffelnTatsächlich ist das dunkel gefleckte Ibéricoschwein eine absolute Ausnahme unter allen anderen Schweinerassen, die zur Fleischerzeugung gezüchtet werden. Es lebt nämlich nicht in Ställen oder auf Mastweiden und wird mit mehr oder weniger viel Kraftfutter gemästet, sondern wird in sogenannten Hutewäldern gehalten, wie es hier, in der Estremadura im Westen Spaniens, bereits römische Legionäre taten: Lichte Wälder, in denen Stein- und Korkeichen in größeren Abständen zueinander stehen und einen normalen, weidenartigen Bodenbewuchs und eine Menge Licht ermöglichen, bieten den Ibéricoschweinen beste Bedingungen, um auf auf halbwilde Weise zu leben und sich im Idealfall fast ausschließlich von den herabgefallenen  Eicheln zu ernähren – Bellota-Schwein nennt man sie daher auch. Den aus ihren Keulen gemachten Schinken, den Jamón de Bellota oder früher nach ihren dunklen Pfoten auch Pata Negra benannten Schinken kennt man in der Regel auch dann, wenn man ihn nicht regelmäßig isst – er ist nämlich stets der mit Abstand teuerste, den der Metzger hat.

Iberico KarreeUnd da die Ibéricoschweine nun den ganzen Tag in ihrem Hutewald herumhüpfen, Eicheln fressen, ziemlich viel Bewegung haben und dabei das allerfeinste, intramuskuläre Fett ansetzen, entwickeln sie ein helles, fein marmoriertes Fleisch mit dem herrlichsten Geschmack, den man sich vorstellen kann, und den man sich, wenn man zuvor nur normale Schweine kannte, niemals hätte vorstellen können. Freilich: Der hohe Fettanteil mag auf den einen oder anderen, der nur die neumodischen, eher geschmacksfreien Magerschweine kennt, ein wenig abschreckend wirken. Tatsächlich aber ist es dieses Fett, das für den hervorragenden Geschmack des Ibéricoschweins hauptsächlich verantwortlich ist und ihm gleichzeitig seinen unglaublich zarten Biss verleiht – mehr wie feiner Kalbsrücken denn wie normales Schwein, wenn der interpaarhufige Vergleich an dieser Stelle erlaubt sei.

SchmorgemüseDas schöne am guten Schweinefleisch ist aber tatsächliche die feine, karamellige Süße, die entsteht, wenn man es nur ausreichend heiß anbrät. Und da diese feine, leichte Süße idealerweise von Beilage und Wein kontrastiert werden sollte, bewegt man sich bei beiden am besten in Richtung leichter Bitter- und Säurenoten. Zum Wein kommen wir noch – für die Beilage aber bedeutet es: Irgendwas mit Tomate, Schalotte, grüner Paprika und Weißwein. Und Kartoffeln natürlich, denn Kartoffeln und Schweinezucht hängen meist doch irgendwie zusammen. Und daraus machen wir dann: Ibérico-Kotelett mit Tomaten-Paprika-Schmorgemüse und gebackenen Trüffelkartoffeln.

Was man braucht (für 2 Portionen)

  • 2 Ibérico-Koteletts.
  • ca. 20 kleine Datteltomaten, halbiert
  • 4 Schalotten, grob gehackt
  • 1 reife grüne Paprika, in Streifen geschnitten
  • 6-8 kleine, junge Kartoffeln. Hier waren es Trüffelkartoffeln, die ich schon lange ausprobieren wollte. Sie sind innen tatsächlich violett und schmecken eigentlich wie jede andere verdammte Kartoffel. Dafür kosten sie deutlich mehr
  • 1 Zweig Rosmarin
  • 1 Zweig Thymian
  • Salz und Pfeffer aus der Mühle
  • Olivenöl
  • Kochweißwein. Nicht das üppige Zeug, sondern eher schlank und säurebetont.
  • 1 Knoblauchzehe

Das Rezept
Den Backofen auf 200 °C Umluft oder Umluftgrill (letzteres wäre besser) vorheizen. Ein wenig überschüssiges Fett von den Koteletts abschneiden. Öl in einer flachen Sauteuse erhitzen. Das abgeschnittene Fett, Knoblauch, Schalotten und Paprika zugeben und anbraten, bis Fett und Paprika leicht angebräunt sind. Die Tomaten zugeben, ebenfalls sehr kurz anbraten und mit ein wenig Wein ablöschen. Den Knoblauch herausnehmen, Thymian und Rosmarin einlegen, salzen und pfeffern und auf mittlerer Schiene in den Backofen stellen. Mehrmals mit dem restlichen Weißwein ablöschen, sobald die Flüssigkeit ausreichend reduziert ist – das Gemüse soll in dieser Zeit angeröstete Stellen entwickeln.

In der Zwischenzeit die Kartoffeln in Spalten oder Würfel schneiden und entweder kochen oder ebenfalls im Ofen garen – für letzteres mit Olivenöl, Salz und Pfeffer vermengen und in einer flachen Form ebenfalls in den Ofen stellen. 20 Minuten reichen dafür normalerweise.

Ach ja, das Fleisch. Eine eiserne Pfanne trocken auf eher starker Hitze aufheizen und das Fleisch von jeder Seite 3 Minuten braten. Dann die Pfanne vom Feuer nehmen und noch zwei bis drei Minuten durchziehen lassen. Falls der Fettrand nicht ausreichend gebräunt ist, kann man hier mit einem Bunsenbrenner nachhelfen. Mit Fleur de Sel würzen und zusammen mit Gemüse und Kartoffeln servieren.

Der Wein dazu
Georg Mosbacher Riesling Deidesheimer MäushöhleSpanien wäre eigentlich die erste Wahl gewesen, wenn man gerne regionalen Zusammenhang herstellt. Aber andererseits: Warum sollte man spanischen Weißwein trinken, wenn man auch deutschen haben kann? Eben. Also gab es, was es mit einer maximalen Betonung lebendiger Säure und kräftiger Mineralik zwangsläufig geben musste: Pfälzer Riesling. Genauer: Eine Flasche 2013er Deidesheimer Mäushöhle von Georg Mosbacher, die es nach mittlerweile drei Jahren Lagerzeit zu einer schönen Reife gebracht hatte – und sie hätte auch noch länger warten können. Ich jedoch nicht. Tatsächlich ist aber Riesling für Schweinefleisch das, was Tomaten und grüne Paprika bei der Beilage sind: ein feiner, nicht unharmonischer, mit Mineralik und Säure spielender Kontrast zur feinen Süße des angebratenen Schweins.