Schweinebraten cisalpin. Aus dem Ofen.

Schweinebraten cisalpinWagen wir einen Perspektivenwechsel (was man, wenn von cisalpin und transalpin die Rede ist, ohnehin tun muss): Was würde man denn mit einem Stück Schweinebraten anstellen können, wenn man irgendwann, aus welchem Grund auch immer, tatsächlich auf die nun wirklich nicht besonders naheliegende Idee käme, ihn einmal nicht so zu machen, wie man ihn normalerweise – eine gewisse, erblich tradierte Normativität sei mir in diesem Zusammenhang zugestanden – macht: In kräftiger Dunkelbiersauce, mit herrlich knusprig gebratener Kruste, mit Knödeln, vor allem mit einer ausreichenden Menge Bier und damit letztlich in ausgesprochen folkloristischer Ausprägung. Also in der trotz allem besten aller denkbaren Varianten. Selbstverständlich. Aber: es gibt ja durchaus noch andere Möglichkeiten – ganz so, wie sich ja auch die Schweinezucht nicht ausschließlich auf den Bayerischen Reichskreis beschränkt.
Spanferkelnacken
Aber freilich: Die Aufgabe war leichter gestellt, als eine Lösung gefunden, denn eine echte geographische Orientierung, die über eine diffus mittelitalienische Richtung hinausgegangen wäre, wollte sich auch bei intensivierter Reflexion über die Schweinezucht an sich und als solche, sowie  ihre Teilgebiete und Standortfaktoren nicht recht einstellen. Und so zog ich dies Rezept von der anderen Seite auf: Keine dunkle Sauce, keine Knödel, kein Bier. Keine dunkle Sauce bedeutet: eine helle. Keine Knödel bedeuten: Eine andere Beilage. Kein Bier bedeutet: Wein. Aber immerhin: Ofen und Kruste. Geworden ist daraus: Spanferkelbraten aus dem Ofen mit Cannellini-Bohnen und Weißweinsud. Simpel, reduziert, rustikal, und doch so gänzlich anders als jeder Schweinebraten, den man sich diesseits der Alpen ausdenken könnte. Ohne Chaos in der Küche. Ohne ungeheure Vorlaufzeit. Und vor allem so unkompliziert, dass man nebenher noch eine ganze Menge anderer Dinge tun kann.

Spanferkelnacken aus dem Ofen
Was man braucht (für 2 mittlere Portionen):

  • 1 Stück Schweinebraten à 500 g. Nacken ist meist zu fett (er wäre es hier fast gewesen, als Spanferkel ging es aber), Keule (ohne Knochen, also keine Haxe) ist in Ordnung, Karree unbedingt zu bevorzugen. Vor allem, wenn man Iberico bekommen kann, bei dem man dann allerdings oft auf die Schwarte und damit leider auch auf eine anständige Kruste verzichten muss. Spanferkelrücken am Stück ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Faustregel: Wenn keine Schwarte dran ist, dann tun es auch 10 °C weniger.
  • Butter
  • Olivenöl
  • 1 Zweig Rosmarin
  • 1 Zweig Thymian
  • 1 Knoblauchzehe
  • Weißwein
  • Salz und Pfeffer
  • 1 Tasse Salzwasser

Als Beilage:

Cannellini-Bohnen

  • 1 Dose Cannellini-Bohnen
  • 1 Zwiebel, gehackt
  • Olivenöl
  • Bohnenkraut
  • Salz und Pfeffer
  • Tomatenmark
  • nochmal Weißwein
  • Petersilie, gehackt

Das Rezept (für ein Stück Spanferkelnacken von 500 g – größere Stücke werden länger brauchen, und man muss ggf. an der Temperatur drehen, was man bei Stücken ohne Schwarte ebenfalls sollte.):
Backofen auf 150 °C vorheizen. Schwarte (sofern vorhanden) mit Dehnungsschnitten versehen. Öl und Butter in einem gusseisernen Bräter erhitzen, Knoblauch, Rosmarin und Thymian zugeben und das Fleisch von allen Seiten anbraten. Mit dem Weißwein  auf einen Pegel von ca. 1 cm ablöschen, salzen und pfeffern und in den Ofen schieben. 40 Minuten im Ofen braten. Sollte der Wein komplett verdunsten, unbedingt nochmal nachtanken.

In der Zwischenzeit Öl in einer Sauteuse erhitzen, die Zwiebel 5 Minuten andünsten, Tomatenmark und ein wenig Weißwein einrühren und die Bohnen zufügen. Bohnenkraut, Salz und Pfeffer zugeben, abdecken und 20 Minuten garen.

Fleisch aus dem Ofen nehmen und die Temperatur auf 250 °C erhöhen. Sauce in eine Kasserolle gießen und reduzieren, Fleisch und Bohnen in eine Auflaufform geben, die Kruste (sofern vorhanden) mit Salzwasser bestreichen und im Ofen maximal 10 Minuten anbacken. Vor dem Servieren mit der Sauce begießen und mit gehackter Petersilie bestreuen.

Der Wein dazu:
Poliziano Rosso di MontepulcianoEingangs hatte ich mir ja vorgestellt, dass sich das, was ich aus diesem kleinen Stück Spanferkelnacken machen wollte, geographisch in etwa Richtung Mittelitalien bewegen sollte. Um es beim dazu passenden Wein aber einigermaßen zuverlässig zu halten, sollte von Rom aus dennoch eine gewisse Distanz nach Norden bleiben. Wobei wir uns nicht missverstehen wollen: Frascati kann wunderbar sein. Wenn man in Rom ist. Then do as the Romans do. Doch ansonsten keinesfalls. Zudem stellte ich mir hier trotz Schweinefleisch, aber auch nicht zuletzt wegen der Bohnen einen etwas fülligeren Rotwein vor. Also weiter nördlich. Umbrien? Eher nicht. Lieber noch ein Stückchen weiter nach Norden. Und schon ist man in Montepulciano. Damit konnte ich mich in der Tat ausgesprochen anfreunden. Genauer: Mit einer Flasche Rosso di Montepulciano von Poliziano, einem Weingut, das nicht nur zu den ganz großen Namen in der südlichen Toskana gehört, sondern vor allem zu den ganz besonders zuverlässigen, die Jahr auf Jahr eine verlässliche Qualität ohne alle Ausreißer und auf einem solch hohen Niveau bieten, wie man es von einer derart jahrgangsabhängigen Branche wie dem Weinbau niemals erwarten würde. Allenfalls von Bier. Und natürlich ist der einfache Rosso di Montepulciano nur so etwas wie der simple Einstiegswein des Hauses, doch wenn man Wert auf einen absolut sauberen, kräftigen, wohlstrukturierten Wein ohne jeden noch so kleinen Fehlton aus Montepulciano (das mit dem in letzter Zeit recht breit und billig verkauften Montepulciano d’Abruzzo nichts, aber auch wirklich gar nichts zu tun hat!) legt, dann wird man mit Poliziano ziemlich glücklich werden. Und falls man doch mehr möchte: Es gibt natürlich auch den normalen Nobile di Montepulciano, und in Jahren, die noch besser als die guten sind, zudem Polizianos Asinone. Irgendwo im Keller lag noch einer von 2003 – am besten sehe ich gleich einmal nach und nehme sicherheitshalber auch Korkenzieher und Glas mit nach unten….