Schweinebauch und Wirsing

Schweinebauch und Wirsing

Lange war ich mir gar nicht sicher, was nun hier die Hauptrolle spielen sollte: Schweinebauch vom Schwäbisch-Hallischen, ohne Schwarte, 24 Stunden angepökelt und zwei Stunden lang im Ofen gebraten, so dass er vom Fett nahezu befreit war und fast schon zerfiel? Oder frischer Wirsing mit vielen herrlich fleischigen, dunkelgrünen Blättern, knapp eine Stunde lang geschmort und dabei  ordentlich angeröstet? Ich konnte mich schier nicht entscheiden – daher kommt hier nun beides als gemeinsames Rezept. Der Schweinebauch, weil damit zu beweisen ist, dass man ihn durchaus verträglich zubereiten kann, ohne dabei in Fett baden zu müssen. Und der Wirsing, weil er mit seinem kräftigen, fleischigen Geschmack und seinen exzellenten Schmoreigenschaften mit Abstand mein liebstes Gemüse für Herbst und Winter ist. Beides geht wunderbar zusammen, ist ziemlich unkompliziert zuzubereiten und erfordert auch nicht viel Aufwand – nur ein wenig Zeit sollte man mitbringen, denn beide Rezepte kochen sich zwar mehr oder weniger von selbst, brauchen dafür aber ein bisschen. Und wohlverstanden: Beide müssen nicht unbedingt zusammen auftreten. Tatsächlich gibt es den Wirsing in Herbst und Winter bei mir öfter als den Schweinebauch, was aber weniger am Schweinebauch liegt, sondern eher darin, dass mir bei Gemüse in der Regel eher die Phantasie ausgeht als beim Fleisch.

Was man braucht (für 2 Portionen) – Schweinebauch:

  • ein Stück Schweinebauch von etwa einem Pfund
  • Salz, etwa 30 g
  • Zucker, etwa 25 g
  • ein großes, sehr scharfes Messer

Was man braucht (für 2 Portionen) – Wirsing:

  • einen Wirsingkohl. Möglichst einen mit vielen dicken, dunklen Blättern, denn die ergeben den meisten Geschmack. Oft sind das genau die Blätter, die viele Leute noch im Supermarkt abbrechen und liegen lassen, weil sie sie für schlecht, alt, schmutzig oder was auch immer halten. Bitte: Wer die besten Stücke wegwirft, weil sie ihm zu kräftig schmecken, der soll sich doch gleich tiefgekühlten Rahmspinat kaufen, aber nicht immer diese herrlichen Kohlköpfe massakrieren!
  • Butter. Nicht zu knapp.
  • Fleur de Sel und Pfeffer aus der Mühle
  • Frisch gemahlene Muskatnuss
  • ein Bund frisch gehackter Petersilie
  • Olivenöl (optional)
  • Würden wir nicht Schweinebauch dazu essen, kämen an dieser Stelle noch ein paar Speckwürfel mit ins Spiel. Wir wollen es aber nicht übertreiben. Falls doch: Separat anbräunen und nach der Hälfte der Schmorzeit zum Wirsing geben. Aber wie gesagt: Hier braucht man sie eigentlich nicht….

Das Rezept:
Einen Tag vor dem geplanten Essen die Schwarte mit einem großen, sehr scharfen Messer ablösen und, wenn nötig, Knochen an der Unterseite herausschneiden. Salz und Zucker vermengen (ich bevorzuge etwas mehr Salz als Zucker) und das Fleisch damit von allen Seiten einreiben. In eine Schüssel geben, abdecken und 24 Stunden in den Kühlschrank stellen. Am nächsten Tag sollte sich ordentlich Fleischsaft in der Schüssel gesammelt haben. Abgießen, das Fleisch kurz abspülen, trocken tupfen und in einen Bräter setzen. Bei 200 °C oder ein wenig mehr etwa eine Stunde lang im Ofen braten, dann die Temperatur auf etwa 140 °C verringern und nochmals mindestens eine Stunde lang braten – hat man ein besonders fettes Stück, darf es auch gerne länger sein, denn je mehr Fett der Schweinebauch verliert, desto konzentrierter und interessanter wird sein Geschmack. Wenn man denkt, dass es gut ist: Herausnehmen und in portionsgroße Stücke oder in Scheiben schneiden und zusammen mit dem Wirsing auf vorgeheizten Tellern anrichten.

Ach ja, der Wirsing:
Wirsing in Streifen schneiden (allzu dicke Strunkstücke entfernen), waschen und etwa 10 Minuten lang in ausreichend Wasser in einem großen Topf kochen. Abgießen, Butter im Topf erhitzen, den Wirsing wieder zugeben und bei höherer Hitze ein paar Minuten lang anbraten. Ziel ist es nun erst einmal, den Wirsing Flüssigkeit verlieren zu lassen. Salz, Pfeffer und Muskat zugeben, abdecken und etwa 45 Minuten bei mittlerer bis geringer Hitze schmoren. Gelegentlich umrühren. Sobald der Wirsing beginnt, zu bräunen und sich am Topfboden festzusetzen, nochmals Butter zugeben. Ab diesem Moment entwickeln sich die interessanten Aromen: Den Deckel nun ein wenig geöffnet lassen, ggf. die Hitze minimal erhöhen. Zum Schluss die Petersilie zugeben, gut durchmischen und zusammen mit dem Schweinebauch auf vorgeheizten Tellern anrichten. Und falls man das mag (ich finde es großartig): ein wenig Olivenöl über den Wirsing träufeln und mit Fleur de Sel bestreuen.

Der Wein dazu:

Juliusspital Sylvaner Würzburger Abtsleite Erste LageWirsing und Schweinebauch assoziiere ich irgendwie immer mit Franken. Und das ist durchaus sehr positiv gemeint! Was läge also näher, als es auch mit dem Wein in diese Richtung zu versuchen? Und da bedeutet Franken natürlich Silvaner, wobei ich zugeben muss, dass der Silvaner näher am Wirsing als am Schweinebauch liegt, und diese Paarung vor ein paar Jahren auf einer Weinmesse vom Vertreter des Juliusspitals mit einer gewissen Verwunderung zur Kenntnis genommen wurde. Er hätte zum Schwein wohl Riesling genommen, und käme bei mir nicht immer der Wirsing dazu, würde ich es ebenfalls machen – die kräftigere Säure des Riesling wird mit dem Fett einfach besser fertig. Da geschmacklich bei dieser Rezeptkombination aber letztlich doch der Wirsing im Vordergrund stand, blieb es beim Silvaner. Genauer: Bei einer noch recht am Anfang der Reife stehenden Flasche 2013er Würzburger Abtsleite Erste Lage aus dem Juliusspital. Voll, kräftig, erdig, mit ordentlichem Körper, ausreichend Sprit und noch Lagerpotential. Der Beweis, dass großer Weißwein aus Deutschland nicht zwangsläufig Riesling sein muss. Und das Ganze zu einem eigentlich schon fast unanständig guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Ganz großartig!

P.S. Das ist natürlich nicht die einzige tolle Würzbuger Lage. Wenn man da bleiben möchte, gibt es den Stein oder die Innere Leiste. Und außerhalb: Mein Favorit war ziemlich lange der Rödelseer Küchenmeister. Vor allem aber: Nicht von den Bocksbeutelflaschen schrecken lassen – wenn man schon ideologische Vorbehalte haben möchte, dann bitte gegenüber schlechtem Wein, und nicht gegenüber traditionellen Flaschenformen.