Saltimbocca alla Romana. Undogmatisch.

Saltimbocca alla RomanaDass Saltimbocca alla Romana das einzige Rezept der italienischen Küche ist, das offiziell von der Federazione Italiana Cuochi festgelegt wurde, ist vermutlich nichts neues mehr. Und ebenso wenig, dass es im römischen Dialekt direkt in den Mund springt. Und auch seine Zusammensetzung scheint auf den ersten Blick kaum der Rede wert: Ein dünn geschnittenes Kalbsschnitzel, eine Scheibe Prosciutto Crudo und ein Salbeiblatt sind fast schon alles, was man braucht. Warum die Saltimbocca hier dennoch auftaucht? Na, ganz einfach: weil sie wirklich gut ist. Und nicht ganz so simpel, wie es scheint.

Frischer SalbeiTatsächlich gehört Saltimbocca zu den feinen, kleinen Abendessen, die es bei mir bevorzugt im Spätsommer gibt. Wenn es also schon nicht mehr warm genug ist, um nur die allerleichtesten Fischrezepte zu machen, für Bayerischem Schweinsbraten, Stubenküken in Morchelrahm oder Wild aber immer noch nicht ausreichend kühl. Und immer dann, wenn das Abendessen in kürzester Zeit auf dem Tisch stehen muss. Aus Gründen. Aber bevor wir uns damit lange aufhalten: lieber ein paar grundsätzliche Dinge: Es muss Kalbfleisch sein. Wer Saltimbocca mit Schwein macht, kann die ganze Sache gleich vergessen. Es ist nämlich nicht zart genug. Freilich, mit Thunfisch geht es auch, aber das wäre wieder eine ganz andere Geschichte. Dann der Schinken: Es lohnt sich oft nicht, unbedingt auf Parma oder San Daniele zu bestehen. Der am besten geeignete Prosciutto Crudo ist immer der, der nicht zu dunkel und nicht allzu hell ist. Nur ganz fein salzig, besonders zart, und vor allem dünn geschnitten. Und der Salbei schließlich: Frisch. Ausschließlich frisch. Wer ihn nicht im Garten hat, muss frischen kaufen – der Unterschied zum getrockneten ist wirklich außerordentlich.

SaltimboccaUnd dann noch die Art der Kombination der Zutaten: Meist findet man die einseitige Variante: Schnitzel, Schinken, Salbei, fertig. Da die Saltimbocca aber von beiden Seiten gebraten wird, kommen bei dieser Variante unweigerlich auch Schinken und Salbeiblatt mit der heißen Pfanne in Kontakt. Und wenn man dann nicht aufpasst, war’s das auch schon: Der Schinken wird knusprig und konzentriert salzig, und das Salbeiblatt verwandelt sich in frittierte Kohle. Freilich: Wenn man ein wenig Übung hat und die konzentrierte Salznote mag, dann kann das eine feine Sache sein. Mir allerdings ist die doppelseitige Variante lieber: Schnitzel, Schinken, Salbei, und dann wie Calzone zusammengeklappt. Vorteil: Schinken und Salbei werden mehr oder weniger nur angedünstet, bleiben sehr zart und vertragen sich auch geschmacklich deutlich besser, da sie sich nicht extrem in eine Richtung entwickeln können. Und man hat mehr Platz in der Pfanne, was ja auch ein nicht unerheblicher Faktor sein kann.

Saltimbocca Romana
Was man braucht (für zwei Portionen):

  • zwei dünn geschnittene Kalbsschnitzel. Plattiert, aber unbedingt mit der flachen Seite des Fleischklopfers.
  • zwei bis vier Scheiben dünn geschnittener Prosciutto Crudo. Am besten der, der am feinsten und zartesten aussieht. Und man sollte immer mehr kaufen, als man tatsächlich braucht, wenn man Schinkenfreund ist.
  • zwei große oder vier kleine Salbeiblätter. So frisch wie nur irgend möglich. Und ein paar mehr, wenn man auf Dekoration Wert legt.
  • Fleur de Sel. Nicht viel, und umso weniger, je salziger der Schinken ist (von dem man, um genau dies festzustellen, ein wenig mehr gekauft hat).
  • Weißwein. Nicht mehr als 80 bis 100 ml. Im Zweifelsfall lieber weniger.

Das Rezept:
Schnitzel mit dem Schinken und den Salbeiblättern belegen. Zusammenklappen und mit einem Zahnstocher feststecken. Butter in einer ausreichend großen Pfanne oder Sauteuse (Edelstahl oder emailliert, keinesfalls aber Eisen, da der Wein beim Ablöschen sonst alles mögliche aus dem offenporigen Material herauslöst!) erhitzen. Sobald die Butter bräunt, die Schnitzel zugeben und von jeder Seite bei eher starker Hitze nicht länger als 2 Minuten braten – gerade so, dass das Kalbfleisch ein paar angebräunte Stellen bekommt. Leicht salzen, den Wein zu gießen, Hitze ein wenig wegnehmen und den Wein so lange reduzieren, bis sich ein nicht mehr allzu dünner Sud ergibt. Aber Achtung: nimmt man zu viel Wein, dauert das Reduzieren ewig, und das Fleisch wird zäh. Im Zweifelsfall ist weniger also mehr.

Was es dazu gab:
Die Saltimbocca alle Romana ist ein kleines, leichtes, feines Essen. Und so sollte es die Beilage sein. Da es ziemlich warm war, und die Artischocken, die ich dafür eigentlich vorgesehen hatte, zwischenzeitlich begonnen hatten, eine Art Eigenleben zu entwickeln, entschied ich mich, auf Bewährtes zurückzugreifen: Meine Auberginen-Zucchini-Terrine. Passte ganz wunderbar.

Der Wein dazu:
Franckenstein Riesling Berghauptener SchützenbergDie Kombination von zartem Kalb und salzigem Schinken verlangte selbstverständlich nach Riesling. Genauere Vorstellungen hatte ich allerdings noch nicht, als ich in meinem Keller auf eine wohl vergessene Flasche 2010er Berghauptener Schützenberg Riesling Spätlese trocken von Freiherr von und zu Franckenstein in Offenburg stieß, die ein hervorragendes Beispiel dafür lieferte, dass anständiger Riesling eben gerade nicht jung getrunken werden sollte, sondern herrlich reifen kann. Gezweifelt hatte ich daran übrigens bei diesem Wein, denn 2010 war ja generell nicht gerade einer der zugänglichsten Jahrgänge, sondern derart säuredominiert, dass ich mich überhaupt nicht damit anfreunden konnte. Sechs Jahre später aber war die Säure wunderbar zurückgegangen und bildete eine nur noch im Hintergrund wirkende, feine, kristalline Struktur für eine sehr elegante, leichte Rieslingfrucht, eine kaum wahrnehmbare Botrytisnote und einen herrlich angenehmen, recht dezenten Alterston. So müsste es immer sein – ich fürchte, ich brauche einen größeren Weinkeller….