Dieses Rezept ist eine Premiere: Nie zuvor habe ich selbst Kaninchenrücken zubereitet, sondern bisher immer nur Keulen verwendet. Einer der Hauptgründe dafür dürfte gewesen sein, dass sich Keulen ziemlich einfach und unkompliziert essen lassen, und dass es eigentlich egal ist, wie lange man sie schmort, so lange es nur lang genug ist. Beides, dachte ich mir, dürfte beim Rücken nicht möglich sein, denn erstens hängen da ja eine Menge Knochen dran, die man entweder vor dem Kochen ziemlich mühsam entfernen muss oder nach dem Kochen dort wiederfindet, wo man sie gerne lieber nicht wiederfinden möchte, und zweitens, stellte ich mir vor, müssten die kleinen Rückenfilets ja auch eine ziemlich feine, zarte und ausgesprochen empfindliche Sache sein, die sich bei ein wenig Unachtsamkeit ganz schnell in etwas weniger zartes verwandeln ließe. Und dann bekommt man bei der Keule natürlich auch mehr Fleisch für’s Geld, was durchaus auch dann nicht unbedeutend sein kann, wenn man nicht gerade der allergrößte Sparfuchs ist. Aber: Keulen waren keine mehr zu haben, der schöne Rücken lockte mich, ich wusste auch sonst gerade nicht so wirklich, und schon fand ich ihn zwischen meinen Vorräten wieder. Und dazu noch Sahne, ein paar aus dem Herbst übriggebliebene Kastanien, ein paar (nun ja: halbwegs) frische Salbeiblätter und eine Flasche Marsala. Letztere bekam der Hase, nicht ich. Woraus dann in der Summe ein ziemlich gutes, kleines, feines Essen wurde.
Bevor ich aber nun nochmal sage, dass es ein ziemlich gutes, kleines, feines Essen geworden ist, doch noch ein paar grundsätzliche Dinge zum Kaninchen: Da es durchaus ein wenig wild wirken kann (Rabbit of Caerbannog!), darf man es auch ein wenig wie Wild behandeln, es also langsam schmoren, mit üppiger Sauce begießen und ihm auch ein paar kräftigen Gewürze beigeben. Wobei dafür grundsätzlich gilt: Was so ein Hase selbst fressen würde, damit darf man ihn auch würzen. Was übrigens nur und ausschließlich für Hasen gilt. Speziell beim Kaninchenrücken ergibt sich übrigens die Möglichkeit, eine Art Gewürzfüllung zu machen, denn der Rücken besteht ja, wenn man beim Auslösen ein wenig aufpasst, nicht nur aus dem feinen Rückenfilet, sondern auch aus dem etwas derberen Bauchlappen. In diesen wiederum kann man wunderbar ein paar Gewürze einschlagen, die im Topf gut durchziehen und dem ziemlich feinen Geschmack des Rückenfleisches die eine oder andere interessante Note verleihen. Richiges Schmoren ist andererseits beim Kaninchenrücken nicht unbedingt zu empfehlen, denn dafür ist er einfach zu fein. Und daher wiederum muss man sich, wenn man eine gute Sauce haben möchte, anders behelfen. Was nicht weiter schwer (und zudem unten recht ausführlich beschrieben) ist. Hatte ich übrigens schon erwähnt, dass dieses Rezept einen ziemlich guten, kleinen, feinen Hasen ergeben hat? Oh. Naja.
Was man braucht (für 2 Portionen):
- 1 Kaninchenrücken. Nicht ausgelöst. Das muss man selbst können. Also: Kaninchenrücken auslösen (Bauchlappen nicht abschneiden!), die Karkasse aufheben, das Nierenfett ebenfalls, die Nieren nicht unbedingt. Ob Leopold Bloom sie zum Frühstück gemocht hätte?
- 1 Büschel Salbeiblätter. Frische natürlich. Mit Trockenkram funktioniert es nicht.
- Butter
- Olivenöl
- 1 große oder 2 kleine Zwiebeln, gehackt
- 1 kleine Möhre, gehackt
- 1 Selleriestange, gehackt
- 1 Knoblauchzehe
- 100 ml Marsala
- 200 ml Sahne
- Fleur de Sel und Pfeffer aus der Mühle
- 1 Prise Cayennepfeffer oder scharfe Paprika
- 1 Prise frisch geriebene Muskatnuss
- ggf. gekochte Kastanien
Das Rezept:
Butter und Olivenöl in einem großen Bräter erhitzen, Möhre, Sellerie, die Hälfte der Zwiebel und den Knoblauch zugeben und einige Minuten anrösten. Dann die Karkasse und ggf. das Nierenfett (wenn man die Sauce ein wenig üppiger haben möchte) zugeben und knapp 10 Minuten braten. Mit Marsala ablöschen, ein paar Salbeiblätter und ein wenig heißes Wasser zugeben, abdecken und mindestens ½ Stunde lang sehr sanft köcheln.
In der Zwischenzeit die Kaninchenfilets mit Salz und Pfeffer würzen, je ein bis zwei Salbeiblätter auf die Innenseite legen, in den Bauchlappen einrollen und mit einem Spieß oder einer Rouladenklammer fixieren.
Sobald die Garzeit des Saucenfonds abgelaufen ist, Karkasse und Schmorgemüse entfernen, Sahne zugießen, ein Salbeiblatt, Muskat und Paprika bzw. Cayennepfeffer hinzufügen, aufkochen und dann bei geringer Hitze köcheln, bis die Sauce ein wenig flüssiger ist, als sie es am Ende sein soll. Hitze fast völlig wegnehmen und abdecken.
Butter in einer Pfanne erhitzen und die restliche ½ Zwiebel anbräunen, dann die Kaninchenrollen zugeben und ebenfalls kurz und sehr heiß runderherum anbräunen. Zusammen mit der gebräunten Zwiebel in den Bräter geben, wieder abdecken und bei geringer Hitze etwa 10 Minuten ziehen lassen. Und falls man fertig gegarte Maronen dazu isst, kommen die an dieser Stelle auch direkt in den Bräter. Dann die Kaninchenrollen in Scheiben schneiden, zusammen mit den Kastanien auf sehr heißen Tellern anrichten, mit der Sauce begießen und sofort servieren.
Was es dazu gab:
Wie schon angedeutet: Es gab Kastanien, die fertig gegart und vakuumiert erworben worden waren und somit einfach nur noch in den Topf zu wandern brauchten. Ganz fabelhafte Sache.
Der Wein dazu:
Mir ist durchaus bewusst, dass ich mich für diesen kalifornischen 2012er Gnarly Head Old Vine Zin eigentlich ein wenig schämen sollte. Nicht aus Prinzip (denn schlecht ist er nicht gerade), sondern weil an dieser Stelle sonst meist von Burgunder, Bordeaux und ähnlich seriösem Zeug zu lesen ist. Und solch seriöses Zeug sollte es auch hier sein – ganz diffus hatte ich mir etwas spanisches vorgestellt. Aber wie es mit Weinkellern oft ist, und seien sie auch noch so klein: Irgendwann verliert man einfach den Überblick, und wähnt sich noch im Besitz mancher Flasche, die in Wirklichkeit längst ausgetrunken ist. Und findet stattdessen andere Sachen, die man in recht schwachen Momenten gekauft hat, weil sie billig waren. Aber wie gesagt: Dieser blumige, fruchtige kalifornische Zinfandel passte ziemlich gut zur üppigen Süße von Marsala (was nicht weiter verwundert, stammt Zinfandel doch vom Primitivo ab, der wiederum geographisch ziemlich nahe am Marsala liegt) und Sahne, ohne dabei die feine Kaninchen-Salbei-Melange, auf die es bei diesem Rezept ankommt, auch nur ansatzweise zu überdecken. Wenn ich also sage, dass ich den Old Vine Zin nicht mehr zu diesem Rezept trinken würde, dann nur aus Snobismus, und nicht, weil er nicht gepasst hätte. Oder allenfalls, weil sich beim nächsten Mal ganz bestimmt wieder ein paar diffuse Spanier im Keller finden werden.