Gemüsesuppe: Ribollita. Mit Modifikation.

RibollitaNach verhältnismäßig langen und kalten Wintern und den sich daraus irgendwie von selbst ergebenden Präferenzen beim Abendessen – gebratenes und geschmortes Fleisch, Wild, fette Eintöpfe, dunkle, üppige Saucen, füllige Beilagen, schwere Rotweine – komme ich irgendwann  und immer wieder an den Punkt, an dem ich von diesen herrlichen Sachen leider kaum mehr etwas hinunter bekomme – oder dann zumindest die ganze Nacht nicht schlafen kann. Zugegeben: Ein gewisser, winterlicher Bewegungsmangel mag freilich noch das seine dazu beitragen. Aber was kann man da machen? Man könnte natürlich – nein, zunächst sollte man sich bei solchen Ideen erst einmal gründlich überlegen, ob man noch ganz richtig im Kopf ist. Also: Man könnte natürlich – fühlt man sich wirklich wohl dabei, und fürchtet man nicht, dieses Vorhaben eher früher als später zu bedauern? Wirklich: Man könnte ja doch einmal ganz diffus etwas ohne Fleisch zu essen. Oder zumindest etwas, das nicht im bisherigen Umfang vom Fleisch als primärer Zutat lebt. Zum Beispiel? Eine Gemüsesuppe.

GemüseEine Gemüsesuppe? Um ehrlich zu sein, und damit auch alle soeben ausgesprochenen Zweifel am eigenen Verstand beiseite zu wischen: Eigentlich ist das ja begrifflich schon etwas, das nicht unbedingt anständigen Geschmack und vor allem einigermaßen nachhaltige Hungerbeseitigung erhoffen lässt. Und warum auch sollte man Gemüse, das ja von sich aus schon gelegentlich zu Wässerigkeit neigt, noch in Wasser (oder immerhin: Brühe) schwimmen lassen? Damit es noch wässeriger werde? Wie gesagt: Man sollte es sich gründlich überlegen. Aber am Wasser kann man natürlich ein wenig drehen. Hier passiert das auf dreierlei Weise: Erstens wird überhaupt nur wenig Flüssigkeit verwendet – tatsächlich könnte man sogar eher meinen, es mit einer Art Auflauf oder Eintopf zu tun zu haben. Zweitens wird diese Flüssigkeit so gut wie möglich aufgesaugt, so dass umständliches Löffeln dünner Brühe hier nicht zu befürchten ist. Und drittens wird die Suppe gar nicht kurz im heißen Ofen überbacken, wo sie nicht nur abermals Flüssigkeit verliert, sondern sich am Gemüse auch noch die eine oder andere Röstnote einstellt. Für den Kenner ist damit offensichtlich: Dieses Rezept basiert mehr oder weniger lose auf der Ribollita, jener italienischen Gemüsesuppe, die ursprünglich aus den übriggebliebenen Resten einer schon vorhandenen, richtigen Gemüsesuppe zubereitet wird, und die, wie ihr Name schon sagt, einfach nochmal gekocht wird. Dieses nochmalige Kochen macht hier tatsächlich ihren besonderen Reiz aus: Nicht nur nämlich, dass man sie irgendwann vorbereiten kann, wenn man gerade viel Zeit hat, um sie dann später zu essen. Nein, sie ist auch noch einigermaßen spektakulär (in jenem bescheidenen Rahmen freilich, der sich für Gemüsesuppen allenfalls denken lässt!), so dass man sie wunderbar auch Gästen servieren kann, ohne diese ahnen zu lassen, man habe ihnen nun etwas eigentlich eher Sparsames vorgesetzt. Und das hat ja auch seinen Reiz.

Was man braucht (für etwa 6 Portionen):

  • ein Wirsingkohl. Mit möglichst dunklen, fleischigen Blättern. Gewaschen und in eher kleine Streifen geschnitten.
  • 1 Dose weiße Bohnen
  • 2 Tomaten
  • 4-6 kleine bis mittlere Kartoffeln
  • 1 Möhre, gehackt
  • 1 Selleriestange, gehackt
  • 2 Zwiebeln, gehackt
  • Thymian. Nicht zu knapp.
  • grob gemahlener Pfeffer
  • Fleur de Sel
  • Olivenöl
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Liter Gemüsebrühe. Tatsächlich braucht man nur so viel, dass die Suppe einigermaßen flüssig bleibt – die Zutaten sollen jedoch nicht im Topf herumschwimmen.
  • Bauernbrot – eine Scheibe pro Portion. Kein Weißbrot. Und erst recht kein Vollkornbrot.

Das Rezept:
Tomaten überbrühen, abziehen und würfeln. Kartoffeln schälen und in Würfel schneiden. Öl in einem sehr großen Topf erhitzen und Zwiebeln, Möhre, Sellerie und Knoblauch mindestens 5 Minuten andünsten. Tomaten, Kartoffeln und Thymian zugeben und ebenfalls mindestens 5 Minuten dünsten. Den Knoblauch herausnehmen, Wirsing und Bohnen zugeben, vorsichtig durchmischen, mit der Brühe angießen, Deckel aufsetzen und aufkochen. 2 Stunden bei milder Hitze köcheln und gelegentlich vorsichtig umrühren.

Den Backofen auf 200 °C (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Das Brot kräftig antoasten und Boden und Ränder einer feuerfesten Schale damit auslegen – nimmt man eine Schale pro Portion, in der man auch sicher servieren kann, macht es das deutlich einfacher. Die Suppe über das Brot gießen, mit Olivenöl beträufeln, kräftig pfeffern und 20 Minuten im Ofen überbacken. Servieren.

Die Modifikation:
Gemüsesuppe mit WurstMir ist natürlich klar, dass man mir schwerlich glauben wird, ich könne mich so sehr für eine Gemüsesuppe begeistern, dass ich sie regelmäßig zubereite und hier sogar noch mit Eifer empfehle. Und selbstverständlich wären alle Zweifel in diese Richtung sehr berechtigt. Denn: Ohne gewisse Modifikationen kommt dieses Rezept zumindest bei mir nicht auf den Tisch. Oder zumindest nicht Mitte Februar, wenn es immer noch eher kalt ist – zumal, wenn man in so einem alten Frostkasten wohnt wie ich. Ganz ohne Fleisch geht es also doch nicht, das hier Form von gewürfeltem Speck einige Minuten mit dem Knoblauch im heißen Öl angebraten wurde, ehe Zwiebel, Möhre und Sellerie in den Topf kamen. Und eine zweite Modifikation gab es, da ich zu Recht fürchtete, das bisschen Speck würde mir nicht reichen: Beim Überbacken im Ofen wurde das Gemüse mit einer Mettwurst angereichert, die nicht nur als Fleisch- und damit Energielieferant taugt, sondern der ganzen Suppe auch noch eine feine Räuchernote verpasst.

Was dazu getrunken wurde:
Schinner KellerbierDem eher rustikalen Charakter dieses Essens entsprechend, der vom Speck und vor allem durch die Mettwurst noch deutlich unterstrichen wurde, sollte ein eher kräftiges, herbes, aber auch nicht ansatzweise süßliches Bier auf den Tisch kommen. Wäre die Mettwurst nicht drin gewesen, hätte ich Altbier vom Niederrhein wahrscheinlich perfekt gefunden, das ja auch gar nicht so schwer zu bekommen ist. Speziell zur Räuchernote der Mettwurst jedoch passte ganz hervorragend das unfiltrierte und hefetrübe Kellerbier von der Brauerei Schinner in Bayreuth, das einigermaßen malzig und rauchig ist, aber doch noch geschmacklichen Spielraum für die Suppe ließ. Das Bier von dort trinke ich überhaupt ziemlich gerne – schade nur, dass es in den dortigen Braustauben kein spätes Abendessen für hungrige Festspielgäste gibt. Aber das wäre nun wieder eine ganz andere Geschichte.