Garnelen. Tomaten. Cognac. Avocado. Américaine superleggera.

Garnelen americaineWoran man als Gelegenheitskoch in der Regel scheitert, sind Sachen, die raffiniert und ambitioniert aussehen und schmecken sollen, aber keine Arbeit machen dürfen und am besten auch noch in der Verwertung vorhandener Zutaten bestehen. Oh, die Liste solcher Versuche wäre lang bei mir. Dabei wäre es eigentlich ganz einfach, derlei zuverlässig funktionieren zu lassen, wenn man sich nur eine ganz simple Grundregel halten wollte. Nämlich: Nur zu machen, was man sicher beherrscht und dessen Folgen man sehr genau einschätzen kann, und nur mit Zutaten zu arbeiten, die man schon gelegentlich in der Hand hatte. Im vorliegenden Fall sollte es etwas geschmacklich (gut gelungen übrigens!) und optisch (naja) gleichermaßen ansprechendes werden, dazu nicht schwer, nicht aufwendig, aber auch nicht unterkomplex. In die Hände fielen mir: Garnelen, Tomaten, Avocados und eine Flasche Kochcognac.

GarnelenschwänzeGarnelen, Tomaten, Avocados und Cognac also. Insgesamt alles schön einschätzbar: Garnelen kann man kurz braten und dazu aus Köpfen und Schalen einen intensiven Fond bereiten. Avocados? Naja,  die kann man natürlich in Stücke schneiden und irgendwie anwärmen. Oder nein: Vierteln und dann grillen? Das war tatsächlich ein Experiment, aber da sie noch recht fest wirkten und ja von Haus aus ziemlich fett sind, war das mit dem Grillen (selbstschmierend, d.h. ohne Ölzugabe in der Grillpfanne) kein Problem. Blieben noch Tomaten und Cognac. Klingt im Zusammenhang mit Krustentieren doch entfernt nach Sauce américaine, wenn man noch ein wenig mit Zwiebelmus, Cayennepfeffer und Knoblauch herumspielt? Naja, zumindest ansatzweise. Aber letztlich geht ja auch gar nicht darum, hier eine perfekte américaine auf den Tisch zu bringen, sondern ein wenig zu improvisieren, ohne dass man es dem Ergebnis anmerkt. Und eine durchaus anständige américaine habe ich schon gelegentlich gemacht, so dass mir die wesentlichen Schritte vertraut waren – und genau darum geht es hier beispielhaft: das Wesentliche mühelos zu beherrschen. Dass daraus dann nur eine américaine superleggera mit vorgekochten Garnelen und ein wenig zu viel Avocado wurde: Geschenkt. Dass wir’s von der hier schon mal hatten: Ebenfalls geschenkt. Gut war’s nämlich trotzdem. Und kam entsprechend an. Hurra!

Was man braucht (für zwei Portionen):

  • eine große Hand voll Garnelen. Falls sie noch roh sind (das wäre unbedingt zu bevorzugen): kurz blanchiert.
  • 1 Zwiebel, fein gehackt
  • 1 Knoblauchzehe, gehackt
  • Olivenöl
  • Weißwein
  • Fleur de Sel und Pfeffer aus der Mühle
  • 8-10 vollreife, süße, kleine Tomaten, geviertelt
  • wenig Cayennepfeffer
  • Petersilie, gehackt
  • Cognac
  • Worcestersauce
  • 1 TL Tomatenmark
  • 1 Avocado
  • ein paar Tropfen Zitronensaft

Das Rezept:
Wenig Salzwasser zum Kochen bringen und Zwiebel und Knoblauch darin 30 Minuten abgedeckt köcheln. Abgießen, das Wasser auffangen, Zwiebeln und Knoblauch im Mixer pürieren und beiseite stellen.

Köpfe und Schalen von den Garnelen entfernen. Weißwein in einem Topf zum Kochen bringen, Köpfe und Schalen einlegen, abdecken und 30 Minuten mild köcheln. Abgießen, den Fond auffangen und den Garnelenschrott verschwinden lassen.

1 EL Olivenöl in einer Sauteuse erhitzen und die Tomaten darin leicht anbraten, bis sich ein paar angeschmorte Stellen ergeben, dann mit dem Garnelenfond ablöschen und mit Worcestersauce, Salz und Pfeffer würzen. Tomatenmark mit ein paar Tropfen Cognac vermengen und unterrühren. Petersilie und Cayennepfeffer (wenig – wirklich!) zufügen. Bei geringer Hitze langsam reduzieren. Falls die Sauce zu dick wirkt, vorsichtig mit dem Zwiebelwasser verdünnen.

Olivenöl in einer Pfanne und den restlichen Cognac separat in einem kleinen Topf erhitzen. Die Garnelenschwänze kurz heiß rundherum anbraten, dann mit dem Cognac flambieren. Dabei nicht die Nase in die Pfanne halten. Zitronensaft zugeben, zur Tomatenmischung geben, anrichten und servieren.

Ach ja, die Avocado:
Gegrillte AvocadoVierteln, in die Grillpfanne setzen, von jeder Seite bei stärkster Hitze 5 Minuten grillen und anrichten. Nicht zu oft anfassen, denn sonst zerlegt sie sich von selbst.

Dekoration:
SalicornesZusätzlich kamen hier noch Salicornes auf die Garnelen, die eine leicht karamellige Salznote einbrachten. Blanchiert, in Butter angebraten und ebenfalls leicht mit Pfeffer und Worcestersauce traktiert. Ganz fabelhaft.

Der Wein dazu:
Sauvignon Blanc BuitenverwachtingEigentlich wäre dazu ja Grauburgunder schön gewesen, der ich zu richtiger américaine, wenn es sie zu richtigem Hummer gibt, gerne trinke. Aber: Grauburgunder wäre definitiv die falsche Wahl gewesen: Der dünne, säurebetonte, allzu helle, mit dem man in Deutschland neuerdings ein zweifelhaftes Pinot-Grigio-Erbe anzutreten versucht, schon alleine deshalb, weil ihm die Substanz gefehlt hätte, gegenüber der doch recht üppigen Sauce etwas auszurichten, und jene fabelhafte Variante, wie man sie typischerweise im Elsass und bei den etwas geschmacksorientierteren Weingütern in Baden findet (Franckenstein!), hätte mit ihrer typisch dezenten Säure keine Chance gegen die fette Avocado gehabt. Umso mehr überrascht war ich dagegen, dass mir auch das letzte Experiment dieses Abends glückte: Wieder ein Sauvignon Blanc (ich wundere mich ja immer noch…) mit spitzer Frucht, Fülle und angenehm kontrastierender Säure. Wieder Südafrika. Wieder Buitenverwachting. Nicht schlecht!