Leute, die sich auskennen, erzählen mir sehr regelmäßig, dass man im Sommer und bei großer Hitze besser nichts Eisgekühltes trinken soll, oder besser noch lauwarmen Tee. Das würde man in irgendwelchen Weltgegenden, wo es noch sehr viel heißer sei als im sommerlichen Hitzegraben des oberen Rheins, schon immer so machen, und davon könne man doch lernen. Aber seien wir ehrlich: Gibt es etwas angenehmeres, als ein kühles Glas Wasser an heißen Nachmittag, oder ein gekühltes Glas Weißwein zu einem leichten Abendessen? Dabei ist es ja bekanntermaßen nicht besonders schwer, das Getränk kühl zu bekommen: Man stellt die Flasche einfach für ein paar Stunden in den Kühlschrank. So weit, so gut. Interessant wird es aber nun, wenn man sich die Flasche aus dem Kühlschrank herausholt und an den Schreibtisch (Wasser) oder auf den Esstisch (Wein) stellt. Sicher, man könnte jetzt eine dieser Kühlmanschetten verwenden, die man im Eisfach hat. Oder einen Kübel mit Eis. Beide haben allerdings einen erheblich Nachteil: Sie kühlen für eine halbe oder eine ganze Stunde ganz ordentlich, aber dann ist ihre Wirkung auch schon wieder vorbei. Außerdem hat man bei Eiskübeln meist nach kurzer Zeit nicht nur einen Eissee im Kübel, sondern auch auf, neben und unter dem Tisch.

Gut zu sehen: Der rechte Flaschenkühler ist etwa 15 Jahre älter als der linke – Wasser und Verdunstung haben Spuren hinterlassen.
Verdunstungskälte
Die Lösung für dieses Problem ist ein Flaschenkühler aus Ton oder Terrakotta. Man füllt ihn für etwa eine halbe Stunde mit frischem Wasser, das der Ton über seine offene, poröse und unbehandelte Oberfläche aufsaugt und speichert. Die Wasseraufnahme des Tons ist von außen leicht daran zu erkennen, dass der Ton bis zur Höhe des Wasserspiegels deutlich dunkler wird. Hat der Ton genügend Wasser aufgesogen, wird das Wasser wieder ausgeleert. Der Kühler ist nun betriebsbereit: Man kann eine gut vorgekühlte Flasche Wasser oder Wein hineinstellen, die nun über Stunden hinweg ihre Temperatur nahezu halten wird. Allerdings: Je kälter die Flasche, und je wärmer gleichzeitig die Umgebung, desto kürzer wird die effektive Kühlzeit. Aber wie funktioniert das nun? Man fügt ja nicht aktiv Kälte zu, wie etwa bei einer Eismanschette (wobei man grundsätzlich niemals Kälte hinzufügt, sondern höchstens Wärme wegnimmt. Aber wir sind hier nicht im Physikunterricht.) Tatsächlich entfernt sich die Wärme im Kühler mehr oder weniger selbst: Der Ton gibt das in seinen Poren gespeicherte Wasser sehr langsam und gleichmäßig wieder frei, so dass es an seiner Oberfläche unsichtbar verdunstet. Dabei kühlt sich das Wasser ab, und gleichzeitig mit dem Wasser kühlt sich der Ton ab. Was sich im Inneren des Kühlers befindet, wird nun ebenfalls gekühlt (Luft) oder behält zumindest seine Ausgangstemperatur (Flasche). Was übrigens gar nichts bringt: Eine Flasche in den Kühler stellen und dann mit kaltem Wasser auffüllen. Außer natürlich, das Wasser ist erheblich kälter. Aber dann wären wir schon fast wieder beim Eiskübel.

Ein Flaschenkühler aus Ton lässt auch weniger schöne Wasserflaschen nicht mehr ganz so hässlich aussehen.
Die gemeine Wasserflasche
Man muss nun aber ehrlicherweise sagen, dass der Flaschenkühler aus Ton gar nicht so toll wäre, hätte er nicht noch einen netten Zusatznutzen. Einen Sekundärnutzen gleichsam. Er ist insbesondere dann von Vorteil, wenn man, wie ich es tue, aus Gründen der Sparsamkeit Mineralwasser trinkt, das in – vorsichtig formuliert – nicht ganz so hübsche Flaschen gefüllt ist. Knapp drei Viertel der ganzen Hässlichkeit solcher Flaschen verschwinden normalerweise im Inneren des Kühlers, und das letzte Viertel lässt sich leicht in eine Serviette hüllen. Letztere braucht man übrigens auch gelegentlich, denn da sich im Inneren des Kühlers gerne Wassertropfen auf der kühlen Flaschenoberfläche sammeln, nach unten laufen und dort mit der Zeit eine Art Brunnenboden bilden, tropft es immer ein wenig, wenn man die Flasche zum Einschenken aus dem Kühler nimmt. Was für Servietten man dafür nimmt? Oh, frisch gebügelte, weiße Stoffservietten natürlich!