Die heiße Schokolade.

Heiße SchokoladeMissverständnisse zuhauf: Süßes Kakaogetränk für Kinder, denen man beim sonntagnachmittäglichen Zwang zu Kaffee und Kuchen zumindest ein kleines bisschen entgegenkommen möchte. Sprühsahnegeschwängerte Après-Ski-Jagertee-Alternative. Klebrig süßes Instantprodukt mit Vanille- und Zimtzusätzen, das aufgrund direkt eingearbeiteten Milchpulvers nur noch mit heißem Wasser aufgegossen werden braucht. Und mehr doch ohnehin nicht. Nein? Was dabei nämlich gerne vergessen wird: Als heißes, belebendes Getränk hat die Schokolade eine dem Kaffee nicht unähnliche Geschichte vorzuweisen. Exotisch. Teuer. Selten. Und von herrlichstem Geschmack, wenn man es einigermaßen geschickt anstellt und den richtigen Rohstoff erwischt. Bitter und stark.

SchokoladenpulverDer heißen Schokolade in ihrer usprünglichen Form, also bitter, kräftig und in kleinen Tassen ausgeschenkt, wie sie vom 16. bis ins 19. Jahrhundert geschätzt wurde, nähert man sich tatsächlich am besten, wenn man darauf verzichtet, fertige Trinkschokoladenmischungen oder Trinkkakao zu kaufen, die in der Regel bereits mit Zucker und womöglich gar mit anderem Zeug vermengt sind. Trinkt man die Schokolade gerne so unheimlich süß, wie sie in russischen Cafés in Baden-Baden serviert wird, kann man immer noch mit Zucker hantieren, wie man möchte. Der Ursprung aber ist eindeutig: Reines Kakaopulver ist dunkel, herb und bitter. Und nur daraus bekommt man solche Schokolade, die über eine beeindruckende geschmackliche Komplexität verfügt, und die man tatsächlich als etwas Besonderes ansehen kann. Und wie sie sich vermutlich in den Tassen jener beiden Schokoladentrinker befindet, die mir wie wenig sonst für die Ausgesuchtheit und das geschmackliche Raffinement feinster Schokolade zu stehen scheinen: Maximilan III. Joseph von Bayern auf einem Porträt von Georg Desmarées, mit einer Schokoladentasse in der Hand und seinem Theaterintendanten Graf Seeau hinter ihm stehend, und Clemens August von Köln auf einem Gemälde von Joseph Vivien, im blau und silbern bestickten Morgenrock, mit roter Haube auf dem Kopf, verschlafenem Ausdruck und ebenfalls einer kleinen Mokka- oder Schokoladentasse in den Fingern.

Meinl Kakao.Aber um nicht zu sehr ins allgemeine und nicht belegbare abzugleiten: Gut ist die Schokolade immer dann, wenn es sich wirklich um reines und ungesüßtes Kakaopulver handelt. Von Meinl in Wien bekommt man ziemlich gutes, das ich ziemlich lange verwendet habe, und von dem mir noch die hübschesten Dosen geblieben sind, die sich denken lassen. Aus Gründen der geschmacklichen Vielfalt jedoch bin ich mittlerweile dazu übergegangen, Amaribe Bio-Kakao von GEPA in diese Dosen zu füllen und ihn auch zu servieren, denn er ist noch einmal dunkler und stärker, so dass man ihn auch ohne weiteres für Wildsaucen und derlei Dinge verwenden kann. Und nebenbei ist das mit dem fairen Handel natürlich auch immer eine schöne Sache. Aber das wäre schon wieder zwei ganz andere Geschichten, wo wir doch einfach nur eine heiße Schokolade trinken wollten.

Was man braucht (für zwei Tassen heiße Schokolade):

  • 2 TL Kakaopulver. Rein, bitter, kräftig, dunkel.
  • 1-2 TL Zucker. Je nachdem, wie süß es werden soll. Ganz ohne Zucker ist möglich, aber erst bei fortgeschrittener Kennerschaft zu empfehlen.
  • 300 ml  Milch. Vollfett.
  • Höchstens 50 ml heißes Wasser, eher weniger.
  • Frisch geschlagene Sahne. Aber nur, wenn man unbedingt möchte.

Wie es gemacht wird:
Milch in einem separaten Topf erhitzen. Zucker und Kakaopulver in eine Schokoladenkanne geben und mit sehr wenig sehr heißem Wasser angießen. Gut verrühren, bis eine gleichmäßige, dicke Masse entstanden ist. Mit der heißen Milch aufgießen und servieren. Ach ja, und Sahne dazu reichen, wenn man möchte. Ich möchte meistens lieber nicht.

Schokolade Sahne ZuckerWoran man außerdem nicht vorbeikommt, ist eine geeignete Schokoladenkanne. Die schönsten kommen aus den teuren Porzellanmanufakturen mit großem Namen, fassen nicht besonders viel Inhalt und haben meist einen schräg seitlich angebrachten Holzgriff sowie einen Rühstab im Inneren. Solche Exemplare sind herrlich repräsentativ, für den täglich Gebrauch aber nicht ganz so praktisch, wie sie schön sind – nicht zuletzt der Reinigung wegen. Eine einfache, kleine Milchkanne aus Porzellan tut es daher auch. Und natürlich eine geeignete kleine Tasse – kleine Mokkatassen aus Limoges scheinen mir die beste Wahl, wenn man solche zufällig zur Hand haben sollte. Oder überhaupt Mokkatassen, wenn man sich für kleine Mengen begeistern kann. Oder aber, wie es hier der Fall ist, kleine Filterkaffeetassen, mit denen man ja sonst auch nicht viel anfangen kann. Oh, und serviert wird die Schokolade bei mir am liebsten an faulen Wintersonntagvormittagen noch vor dem Frühstück, oder an späten, kalten Abenden, an denen man keine Lust auf Portwein oder Whisky hat. Und in diesem Umfeld fühlt sich die Schokolade, sofern man sie nicht zu süß macht und nicht zu viel davon erwischt, besonders wohl. Und wartet natürlich nur darauf, ein wenig breiter wiederentdeckt zu werden.