Ich bin ja von je her ein großer Freund aller Dinge, die man reparieren kann. Und das ganz bestimmt nicht nur deshalb, weil ich dazu neige, regelmäßig kleinen oder größeren Schaden materieller Art zu erleiden. Eher schon, weil ich ungern Dinge wegwerfe, zumal, wenn es sich um Dinge handelt, die nicht ganz billig waren, in deren Herstellung eine ganze Menge Zeit, Material und hoffentlich auch Hingabe gesteckt wurde, und die im großen und ganzen auch noch ganz gut in Ordnung sind, nur eben an manchen Stellen nach Jahren den Faden durchscheinen lassen. Konsequenterweise kaufe ich daher vorzugsweise nahezu ausschließlich Dinge, bei denen ich mir sicher sein kann, sie könnten, ganz gleich, was auch passieren möchte, jederzeit repariert werden und danach wie neu sein. Oder nein: besser noch als neu, da es ja immer noch dieselben, alten, geliebten Dinge sind. Nur, dass sie wieder tadellos und wie neu funktionieren. Was sind das also für Dinge? Mechanische Uhren natürlich, schottische Wollpullover, englische Wachsjacken, handgemachte Schuhe, alte Möbel, Fahrräder mit höchstens drei Gängen, kleiner Silberkram und noch manches mehr. Schlimm genug, dass man Automobile und den ganzen modernen Elektronikkram davon zwangsläufig ausnehmen muss. Und noch etwas gibt es, das meist gar nicht so besonders auffällt, tatsächlich aber nahezu unendlich reparierbar ist und dabei immer schöner wird: Gute Handschuhe.

Die Naht zwischen Zeige- und Mittelfinger ist nach 13 Jahren aufgegangen. Sie hat auch ziemlich was mitgemacht.
Handschuhe? Man könnte mir natürlich vorhalten, Handschuhe ließen sich doch nun wirklich für wenig Geld allenthalben bekommen. Das mag sein. Aber entweder wärmen solche Exemplare kaum, oder sie sehen grässlich aus, oder sie sind aus dem allergrausamsten, chrom- und giftgegerbten Leder gemacht – oder alles zusammen. Anständige Handschuhe (solche, die vielleicht mehr gekostet haben als ein großes Abendessen beim Schachtelwirt) dagegen können durchaus repariert werden, und sie sollten auch repariert werden. Das Paar Handschuhe, um das es hier geht, wurde schließlich schon seiner dritten Überholung unterzogen. Und was für Handschuhe! Helle, nahezu orange changierende, fein genarbte Handschuhe aus südamerikanischem Peccaryleder, gefüttert mit warmer Wolle. Erworben an einem kalten und besonders feuchten Novembertag in einer kleinen Universitätsstadt weit unten im Südosten, ein ungeheures Loch ins Budget für das erste Semester reißend, und doch seitdem immer für warme Hände sorgend. Zuerst meist zu Fuß und auf dem Fahrrad, später dann im Wagen (Holzlenkräder können wirklich verflucht kalt werden!), dann wieder mehr auf dem Fahrrad, und schließlich fast nur noch zu Fuß. In dieser ganzen Zeit ist es mir mehrmals gelungen, das Innenfutter an den Handballen durchzuscheuern und mit den Fingerspitzen durch das Wollgewebe zu stoßen. Und nach Jahren gingen nun sogar ein, zwei Nähte auf. Und jedes Mal, wirklich jedes Mal konnte wieder alles in Ordnung gebracht werden. Außen wieder tadellos in Schuss, und innen warm, weich und flauschig neu gefüttert. Und das beste daran: es hat bis heute in der Summe weniger gekostet als ein neues Paar.

Und auch das Futter am Handballen ist durchgescheuert. Lenkrad, Fahrradlenker, Wasserkisten und so weiter….
Wovon ich aber nun im Rahmen der letzten Reparatur dieser Handschuhe nachhaltig beeindruckt war, ist nicht die Sache an sich und im allgemeinen, sondern diese Reparatur im besonderen und das wunderbare Angebot, das ich dazu in Anspruch nehmen konnte. Denn da ich in meinem näheren Umkreis keinen Handschuhmacher kenne (und es daher vermutlich auch keinen gibt), wollte ich es mir recht einfach machen und kontaktierte den Hersteller meiner Handschuhe: Roeckl in München. Wunderbar freundlich und zuvorkommend erklärte man mir, ich bräuchte die Handschuhe nur nach München zu senden, man würde sie sich ansehen, mir dann den Preis nennen und, mein Einverständnis vorausgesetzt, mit der Arbeit beginnen: Der Handschuhmacher würde in jeden Handschuh ein neues Cashmerefutter einsetzen, alle Nähte kontrollieren und, wo nötig, diese instandsetzen. Die Handschuhe machten sich also auf den Weg nach München, ich bekam das Angebot genannt, man fing an, und nach vier Wochen waren meine Handschuhe wieder in der Post. Tadellos ausgebessert, mit einem besseren und feineren Futter als vorher, und vor allem: mit der gleichen, wundervollen Patina, die ich den Handschuhen in 13 Wintern beigebracht hatte. Und sie werden nun natürlich, sofern es kalt genug ist, wieder jeden Tag getragen. Wenn ich zu Fuß unterwegs bin, niemals auf dem Fahrrad (denn das harrt noch seiner Instandsetzung), und manchmal auch im Wagen (doch mittlerweile ohne Holzlenkrad – an der alten Mühle war nichts mehr zu machen).
Praktisches:
Ich weiß natürlich nicht, ob man bei Roeckl nur Handschuhe eigener Herstellung repariert. Was ich nicht schlimm fände. Zumal ich in Deutschland keinen anderen Anbieter kenne, der bei mit Sicherheit ansatzweise taylorisierter Herstellung eine vergleichbare Qualität bieten kann. Wenn man also keinen Handschuhmacher kennt, dem man trauen kann (das ist wie bei Änderungsschneidern und Schustern: den meisten kann man leider überhaupt nicht trauen, wenn man eigene Vorstellungen hat. Wobei jene vermutlich auch den meisten Kunden mit eigenen Vorstellungen nicht trauen), und sich kein Roeckl-Laden in einigermaßen vertretbarer Reichweite befindet, sollte man Roeckl in München kontaktieren und die Handschuhe zur Reparatur einsenden. Ich bin mir sicher: man wird nicht weniger zufrieden sein als ich.