Dieses Rezept ist eigentlich einer der großen Klassiker der französischen Küche. Eigentlich, weil es gar nicht so besonders weit verbreitet ist, dafür die kleinen Stubenküken zu nehmen, sondern eher große, ausgewachsene Hähne, ganze Maispoularden, Kapaune gar, oder, falls Geld keine Rolle spielt (und das meine ich nicht abwertend!), ein Bressehuhn. Da ich aber ein ausgesprochener Freund der kleinen Vögel bin und erfreulicherweise in der Regel nicht allzu viele Münder zu versorgen habe, kommt hier die Stubenkükenausführung des klassischen Coq au vin in meiner persönlichen Variation. Das erfreuliche an diesem Rezept ist übrigens, dass man nicht nur ein ziemlich delikates Abendessen erhält und dabei noch Gelegenheit bekommt, einigermaßen anständigen Burgunder zu trinken (und wann passiert das schon?), sondern, dass es überraschenderweise ziemlich schnell geht: mit ein wenig Übung (in seiner eigenen Küche!), einem scharfen Messer und einem ordentlichen Herd ist man in etwa einer Stunde dabei. Außer, beim Flambieren geht etwas schief.
Neben dem fabelhaften Geschmack hat dieses Rezept übrigens einen zweiten, ganz erheblichen Vorteil: Man kann es sehr gut schon Stunden vor dem eigentlichen Essen vorbereiten, und zur Not sogar einen ganzen Tag im Vorhinein. Denn: Je länger der Vogel im fetten Rotweinjus liegt, desto stärker saugt er sich damit voll, und desto intensiver wird sein Geschmack, während seine Textur gleichzeitig umso mürber wird. Gleiches gilt übrigens für die Champignons, die unbedingt zu diesem Rezept gehören: Auch sie werden umso besser, je länger sie in der Sauce liegen. Falls man also ein Abendessen veranstaltet, bei dem man sich mehr um die Gäste als um das Essen kümmern möchte, ist dies das perfekte Rezept. Und falls man nur für sich selbst kocht: Dann isst man die zweite Hälfte eben am nächsten Tag. Es lohnt sich unbedingt!
Was man braucht (für zwei Portionen):
- 1 Stubenküken.
- Butter
- etwa 50 g Speck, gewürfelt. Geräucherter Speck ist hinreichend, aber nicht notwendig. Ich bevorzuge allenfalls sehr dezent geräucherten.
- Ein Bund Frühlingszwiebeln. Ersatzweise eine kleine Stange Lauch.
- Petersilie, ein Lorbeerblatt und Thymian, Majoran oder Bohnenkraut.
- Salz und Pfeffer aus der Mühle.
- Cognac. Nicht mehr als einen Schuss. Gerade so viel, dass es brennt.
- Ein Viertel Rotwein. Ideal ist hier natürlich Spätburgunder, denn den trinkt man normalerweise auch dazu (wobei: siehe ganz unten….). Aber es hat schon seinen Sinn, hier keinen südafrikanischen Pinotage zu nehmen, denn der würde den armen Vogel erschlagen. Wenn man es recht elegant und wie aus dem Kochbuch machen möchte, nimmt man denselben Wein, der auch zum Essen serviert wird. Und wenn man den Vogel abschießen möchte, nimmt man dafür Grand oder Premier Cru von der Côte d’Or, sollte sich dann aber über Unverständnis nicht wundern. Hier und heute war es ein simpler, mir geschenkter Pfälzer Spätburgunder. Und der hat seine Pflicht durchaus erfüllt.
- Mehl.
- 1 kleine Zwiebel. Oder zwei Schalotten.
- 8-10 Champignons. Braune passen meist besser. Und Bio schmeckt meist besser.
- Ein Stabfeuerzeug. Besitzt man so etwas nicht, sollte man es bleiben lassen. Denn beim Flambieren kann eine Menge passieren. Insbesondere mit der Frisur von Handrücken und Unterarm. Je länger das Stabfeuerzeug, desto besser.
Das Rezept:
Das Stubenküken vierteln. Unbedingt darauf achten, dass die feinen Rückenfilets am Keulenansatz nicht verletzt werden, denn sie sind vom ganzen Vogel die besten Stücke. Und natürlich unbedingt die inneren beiden Flügelelemente an den Brüsten belassen. Butter in einem gusseisernen Bräter erhitzen und nun zuerst Speck und Zwiebeln braten, bis sie ordentlich gebräunt sind. Dann herausnehmen (das Bratfett aber im Bräter belassen, denn, um meinen Bruder zu zitieren: Fett ist ein Geschmacksträger) und nicht entsorgen. Gleichzeitig in einer Kasserolle Butter zerlassen und die Champignons anbräunen.
Nun im Bräter auf einigermaßen hoher Hitze die Keulen ordentlich anbräunen. In der Zwischenzeit den Cognac in einem kleinen Topf mit Deckel sehr sanft erhitzen. Sobald die Keulen einigermaßen knusprig sind, ein Stabfeuerzeug mit langem Stab bereithalten, den Cognac vorsichtig über die Keulen gießen und flambieren.
ACHTUNG: keinesfalls unter der Dunstabzugshaube flambieren, denn Fett brennt! Und in der Haube gibt es immer genug Fett. Also immer unter maximaler Deckenhöhe flambieren und eine Löschdecke bzw. ein frisches, sauberes Geschirrtuch bereithalten. Brennendes Fett keinesfalls mit Wasser löschen! Denn sonst ist man am Arsch…
Sind die Flammen erloschen, ein wenig Mehl anstäuben. Schalotten bzw. Zwiebeln zugeben, etwa 5 Minuten dünsten, dann den Wein zugießen, Lorbeerblatt, Petersilie und Thymian (oder sonstige Gewürze) zugeben und mit Muskat, Salz und Pfeffer würzen. Pilze (und falls man sie verwendet: leicht vorgekochte Kartoffelspalten) zugeben, aufkochen, abdecken und etwa 15 Minuten auf kleiner Hitze schmoren. In der Zwischenzeit nochmal ein wenig Butter in einer Pfanne zerlassen und die Brüste sehr kurz und sehr heiß anbraten. Dann in den Bräter geben, Deckel wieder drauf und nochmal an die 10 Minuten schmoren.
Vogelstücke, Champignons und Kartoffeln herausnehmen, die Sauce durch ein Sieb gießen, alles wieder in den Bräter geben und nochmals kurz erhitzen. Auf vorgeheizten Tellern anrichten und sofort servieren.
Was es bei mir dazu gab:
Man wird natürlich eine kleine Beilage benötigen, denn an so einem kleinen Vogel ist nicht wirklich viel dran, und die paar Champignons machen ihn auch nicht fetter. Da ich von einem vorausgegangenen Experiment noch eine Menge Polenta übrig hatte, hätte ich die natürlich nehmen können: Polenta gegrillt und dann den Vogel dazugepackt. Falls man keine Polenta griffbereit hat oder keine möchte, weil man am Vortag zu viel davon erwischt hat, kann man wunderbar junge Kartoffeln mit in den Schmortopf geben, sobald der Wein drin ist. Sie ziehen normalerweise wunderbar durch, werden enorm heiß und passen fabelhaft zu diesem trotz aller Zartheit des Stubenkükens eher rustikalen Rezept.
Der Wein dazu:
Hatten wir in der Zutatenliste nicht irgendwas von Burgunder erwähnt? Mag sein. Allerdings ist es nicht nur so, dass anständiger Burgunder ziemlich teuer ist, nein, er ist auch, wenn man nicht eine besonders gut sortierte Quelle hat, gar nicht so einfach zu bekommen. Wobei man natürlich immer auf andere Anbaugebiete ausweichen kann – wer in Deutschland bleiben möchte, kann das tun, denn an der Ahr gedeiht der Pinot Noir ganz hervorragend, und ich würde solchen sogar favorisiert haben, wenn mein Weinhändler ihn mir bieten könnte. Pfalz und Baden scheinen mir dagegen normalerweise zu kräftig. Franken wäre sicher machbar, aber ungewöhnlich, und so landen wir doch wieder in Frankreich. Und sogar mehr oder weniger im Burgund. Genauer: Im Beaujolais, wo es nicht nur jenen (nicht grundsätzlich zu Recht verachteten) Beaujolais Primeur gibt, der immer am dritten Donnerstag im November frisch zu haben ist, sondern auch die Beaujolais Crus, die, obwohl auch aus Gamay gemacht, mit nur wenigen Jahren Reife in der Regel den idealen Wein zum Coq au vin abgeben. Der in diesem Fall getrunkene 2012er Brouilly Roche Rose von Albert Bichot ließ sich sein (für Beaujolais durchaus nicht mehr ganz frisches) Alter von drei Jahren schon ein wenig anmerken, nutzte das aber vollkommen zu seinem Vorteil: Ein eher leichter, fruchtbetonter, sehr charmant strukturierter Rotwein mit nahezu perfekter, eleganter Reife. Wenn man das schwere, modische Zeug gewohnt ist, wird man sich zwar (nicht zuletzt über die Serviertemperatur von etwa 14 bis 15 °C) ein wenig wundern, aber spätestens nach zwei Gläsern hat man sich ziemlich damit angefreundet. Einzige Einschränkung: solo kann ich ihn mir nicht vorstellen. Dieser Wein braucht ein passendes Essen dazu, und das passende Essen braucht ihn. Wenn man dann mit Coq au Vin oder Kaninchen in Senfsauce auch noch im Burgund und dessen näherer Umgebung bleibt, hat man es gar nicht schlecht gemacht!