Chili. Mit Fleisch. Und mit Kakao.

Chili con carneEigentlich ist dieses Rezept vollkommen überflüssig. Oder es sollte es zumindest sein. Denn Chili (das gerne mit mental erhobenem Zeigefinger von einem gepressten con carne begleitet wird – aber seien wir ehrlich: wieso sollte man es ohne Fleisch essen?) gehört ja durchaus zu den Dingen, die man ziemlich mühelos auch dann kochen kann, wenn man eigentlich gar nicht kochen kann. So dachte ich zumindest, bis ich unlängst im ernährungsideologisch ansonsten fleischfrei eingefärbten Magazin einer größeren Biosupermarktkette über ein richtiges Chili-Rezept stolperte. Richtig war es allerdings nur dahingehend, dass es ein richtiges Rezept sein wollte, weniger richtig aber leider in der praktischen Umsetzung dieses Anspruchs, denn Schmorgerichte (von denen Chili selbstverständlich eines ist) und Zeitvorgaben mit einer 1 als erster Ziffer und maximal einer 7 als zweiter Ziffer bei der Gesamtminutensumme funktionieren nun einmal leider nicht. Und so fiel mir der alte Columbo ein, der vor allem in den ersten Staffeln gerne und reichlich Chili zu sich nimmt. Mal mit und mal ohne Bohnen – der Abwechslung wegen. Und gut durchgezogen natürlich: That’s the way I like it!

Was dieses Rezept tatsächlich nicht leisten kann und auch nicht leisten möchte, ist, irgendwelche besonders authentischen oder originalen Hinweise zu geben, denn das wäre schlichtweg nicht möglich – genauso wenig kann es schließlich DIE Pizza oder DEN Schweinsbraten geben. Es ist vielmehr meine persönliche Variante der auf den modernen Haushalt und seine notorisch knappen Zeitfenster zur Essensbereitung zugeschnittenen, mehr oder weniger stark europäisierten Version des Chili, das mit Hackfleisch anstelle ganzer Rinderstücke zubereitet wird, ohne Mais auskommt und schließlich den Re-Import des Exotischen mit einer Batterie an Gewürzen bewerkstelligt. Und es ist ein wirklich schweres, üppiges Essen, das immer dann geeignet ist, wenn man den ganzen Tag Holz gehackt, Steine gebrochen, Gruben ausgehoben, Kälber eingefangen oder Stahl gekocht hat. Oder wenn es draußen so kalt ist, dass das Wasser in den Räumen gefriert und die Wölfe durch den Park streunen. Oder alles zusammen. Nach solche Tagen ist es eine herrliche Sache, die Körper und Geist miteinander versöhnt und über Nacht wieder auf den rechten Kurs zu neuen Thaten bringt. Sollte man dagegen den ganzen Tag in Bibliotheken und Studierstuben herumgelümmelt haben: Finger weg vom Chili. Es würde sich auf unerfreuliche Art und Weise rächen. Oh, und als sogenanntes Partyessen ist es natürlich unbedingt empfehlenswert. Denn solche Veranstaltungen können ja auch ziemlich aufreibend werden.

Was man braucht (für 4 einigermaßen verträgliche oder 2 ganz enorme Portionen):

  • 400 g Hackfleisch vom Rind. Es empfiehlt sich (das tut es immer), nicht an der Fleischqualität zu sparen. Das gilt auch dann, wenn man den Unterschied nicht schmecken sollte. Aber das trauen wir ihr ohnehin niemandem zu.
  • Butter
  • 1 Zwiebel, gehackt
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1 Dose gehackte Tomaten
  • 1 Dose Kidneybohnen. Falls man sparen und das Chili ein wenig strecken möchte, kann man auch 2 Dosen nehmen.
  • Rotwein. Das schwere Zeug aus Übersee. Pinotage, Malbec, Zinfandel.
  • Salz und Pfeffer aus der Mühle.
  • Die exotische Gewürzbatterie: Thymian, Oregano, Majoran, Kreuzkümmel, Cayennepfeffer, süße Paprika. Wobei man es hier nach eigener Fantasie machen kann – nur den Kreuzkümmel, von dem man ordentlich braucht, würde ich auf keinen Fall weglassen.
  • 1 oder 2 scharfe Chilischoten. Man kann sie anritzen, damit sie mehr Schärfe abgeben.
  • 1 bis 2 TL Kakaopulver. Das ganz klassische, bittere, braune Zeug. Rein und ungesüßt.
  • Saure Sahne
  • Petersilie
  • Getoastetes Baguette zum Servieren. Ich halte nichts von Tortillachips, aber man könnte die natürlich nehmen.
Meinl Kakao.

Richtig gesehen: Hier kommt Kakao ins Chili. Und zwar reiner, bitterer, ungesüßter Kakao.

Das Rezept:
Butter in einem großen Topf zerlassen. Zwiebel und Knoblauch darin anbräunen, dann das Fleisch zugeben und bei starker Hitze ordentlich anbraten. Ist der Topf nicht sehr breit, empfiehlt es sich, die Hälfte des Fleisches in einer separaten Pfanne anzubraten und dann zum Rest in den Topf zu geben.

Hitze reduzieren, Knoblauch entfernen, Tomaten und Bohnen zugeben, Chili und Gewürze hinzufügen, mit Rotwein angießen (gerade so viel, dass die Masse nicht anbrät oder stockt), Hitze nochmals reduzieren, abdecken und mindestens 1 Stunde auf sehr kleiner Flamme schmoren lassen. Sollte das Chili zu trocken werden, mehr Wein nachgießen.

Kurz vor Ende der Schmorzeit das Kakaopulver in ein wenig sehr heißem Wasser anrühren und in den Topf geben. Nochmals abschmecken und zusammen mit dem getoasteten Baguette und mit einer Haube saurer Sahne und Petersilie servieren. Ist man nicht gerade völlig ungeschickt in der Küche, kann man das Chili in 80 Minuten auf dem Tisch haben. Von denen man mindestens 55 nichts zu tun braucht.

Der Wein dazu:
Pinotage ZonnebloemTatsächlich frage ich mich, warum man dazu überhaupt Wein trinken sollte. Denn seinem rustikalen Charakter entspricht ja doch eigentlich eher ein Bier. Oder zwei. Oder drei. Und man wäre wahrscheinlich mit egal welchem Bier gar nicht schlecht bedient, solange es nur einigermaßen hell und herb wäre – mexikanisches (oder das, was hierzulande als solches angeboten wird) wäre fabelhaft, ebenso aber auch Budweiser, schlesisches Tyskie, französisches Kronenbourg, englisches Ale, Birra Peroni, Kölsch oder was weiß ich. Aber: Hier wurde mit nicht wenig Rotwein gekocht. Und auch mit Kakao. Und da passt dann, finde ich, auch Rotwein sehr gut, und zwar von derselben Sorte, mit der man auch gekocht hat. Also das bekannte, schwere Zeug aus Übersee, wobei eine eindeutige Festlegung mir eigentlich gar nicht sinnvoll erscheint, denn außerhalb Europas….aber das lassen wir lieber. Ich jedenfalls hatte einen ziemlich schweren, ziemlich üppigen, ziemlich guten und auch ziemlich jungen 2013er Pinotage von Zonnebloem in Stellenbosch, Südafrika. Also nichts ganz Herausragendes, aber zum schweren, angeschmorten Rindfleisch mit seiner feinen Schokoladennote passte er ganz hervorragend. Genauso gut hätte man natürlich auch einen nicht zu elaborierten Zinfandel aus Kalifornien, einen schweren Malbec aus Argentinien, einen üppig-fruchtigen Merlot aus Chile oder eine Flasche australischen Shiraz nehmen können. Es spielt wirklich keine Rolle.