Da es mit Geruch und Wohlgeruch in der eigenen Behausung speziell in den Wintermonaten meist so eine Sache ist, bekommt man in der Regel auch vor allem zu dieser Jahreszeit die erstaunlichsten Gerätschaften zur Luftverbesserung angeboten. Oder sagen wir: zur Produktion von Geruchsereignissen, deren Ziel es ist, andere Geruchsereignisse, die schon vorher da waren, ohne dass man sie gezielt eingeladen hätte, zu überdecken und in den Hintergrund zu drängen, so dass man am Ende idealerweise so ein Durcheinander in der Nase hat, dass man denkt, es sei alles wunderbar. Wobei nicht alle solchen Hilfsmittel grundsätzlich schlecht sein müssen, denn tatsächlich gibt es ja auch Möglichkeiten, deren Zweck es ist, Gerüche gerade nicht zu überdecken, sondern sie einfach so verschwinden zu lassen. Frische Luft gehört grundsätzlich in diese Kategorie, und man bekommt sie sogar ziemlich einfach ins Haus, indem man regelmäßig das Fenster öffnet. Ich gebe aber zu: Auf diesem Wege verliert man meistens nicht unerheblich an Wärme, und außerdem kann es ja auch durchaus sein, dass mir nicht zuletzt deswegen die frische Luft ein wenig näher liegen könnte, weil mein sonntagnachmittägliches Fortbewegungsmittel kein festes Dach hat. Und wenn man noch dazu in einem ausreichend alten Kasten wohnt, dann kommt man an natürlichem Luftaustausch auch bei geschlossenen Fenstern ohnehin nicht vorbei. Wenn man aber das alles einmal außer Acht lässt, dann gibt es durchaus noch eine andere Möglichkeit, ziemlich feinen Duft ins Haus zu bringen: Blumenduft nämlich. Und da man ja nicht jede Woche Dutzende roter Rosen verschwenden kann, bietet es sich an, Blumen zu verwenden, die noch im Topf stecken, erst im Hause aufblühen und dann für zwei, vielleicht drei Wochen den feinsten Duft verbreiten, den man sich vorstellen kann: Hyazinthen.
Ich bin übrigens nicht zuletzt deshalb so begeistert von den Hyazinthen, weil ich sie bis vor ein paar Jahren überhaupt nicht kannte. Nur ihr Duft lag mir manchmal in der Nase, doch kam ich selten darauf, ihn mit diesen kleinen, zwar sehr hübschen, aber doch immer noch sehr unscheinbaren Blütenträgern auf dicken Blumenzwiebeln in viel zu kleinen Töpfen zu verbinden. Man musste sie mir tatsächlich erst schenken, bevor ich merkte, dass sie im Januar und Februar nicht nur zuhauf bei allen Blumenhändlern zu haben sind, sondern auch in den Gartenabteilungen der Baumärkte und sogar in den unvermeidlichen schwedischen Möbelhäusern, vor deren Kantine es immer so säuerlich riecht. Ach, die müssten die Hyazinthen dort oben aufstellen! Aber andererseits: Dann könnte ich sie ja nicht mehr kaufen und mit ihrer Hilfe die olfaktorischen Schatten ganzer Menüfolgen aus dem Hause treiben. Und manchmal, ganz heimlich und unbeobachtet mich auch an ihrer rein materiellen Gestalt und ihrem pflanzlichen Sein erfreuen, denn abgesehen von einer alten Orchidee, die seit Jahren durch all meine Wohnungen und deren Räume wuchert, und abgesehen natürlich auch von den zu Erntezwecken unterhaltenen Kräutern im Küchenflügel, sind die kleinen Hyazinthen die einzigen Zimmerpflanzen, die mir ins Haus kommen. Wobei dem Begriff der Zimmerpflanze ja auch schon wieder etwas so schlaff lappendes, pflanzgranulatartiges, wachsblättriges und immergrün farniges anhaftet, dass den kleinen Hyazinthen mit ihrem feinen, floralen Bouquet, das sich nie mit Verve in den Vordergrund drängt, sondern vielmehr einen meist eher nur unbewusst wahrnehmbaren Gazeschleier herrlicher Duftnoten hinter alles Offensichtliche legt, damit gröbstes Unrecht getan wäre.

Hyazinthen sind leicht zu transportieren, denn die meisten modernen Autos haben mindestens zwei dieser speziellen Blumentopfhalterungen eingebaut. Man nutzt sie leider viel zu selten. Oh, und die blaue Hyazinthe im Vordergrund war natürlich ein Versehen.
Ich gebe zu: Ein langes Preislied für eine kleine Blume, die nach kurzer Zeit verblüht ist, und deren Duft dann naturgemäß versiegt. Und dennoch: es kommt ihr zu, denn die kleine Hyazinthe ist wirklich die wunderbarste natürliche Duftquelle, die man sich im Winter im Hause halten kann. Wenn sie denn nur endlich aufblühen wollte!
Praktisches:
Wie schon erwähnt, kauft man die Hyazinthen allenthalben für sehr kleines Geld. Auch hier gilt natürlich, dass die billigsten nicht automatisch die besten sind. Man bekommt sie in Einzeltöpfen und als ganze Hyazinthenbatterie – hier mag man nach Raumgröße und Penetranz der im Zimmer schon vorhandenen Gerüche entscheiden. Und es gibt sie wohl in mehreren Farben, wobei alles außer Weiß selbstverständlich vollkommen inakzeptabel ist. Will man die Hyazinthen aufblühen lassen, brauchen sie Zimmertemperatur und regelmäßig Wasser. Stellt man sie dagegen auf dem Balkon kalt, überdauern sie durchaus ein paar Wochen, bis man sie zum Blühen bringen möchte. Auch in dieser Phase sollten sie selbstverständlich ein wenig gegossen werden. Wenn man damit dann noch einigermaßen vernünftig plant, kommt man mit mehreren Hyazinthen und dem wundervollsten Duft von Anfang Januar bis Ende März. Und dann kann man das Fenster ja auch schon wieder öfter aufmachen.